nachruf auf agathe

farewellagathe

Ich habe mich getrennt. Ungerne, aber leider notwendig. Die Umstände haben es erfordert.

Getrennt habe ich mich von meinem Leichenwagen. „Agathe“, so der Kosename – „St. Agatha, Schutzheilige der Mehrtürer“ der volle Name – ist ein 1982er Ford Granada Pollmann Umbau, mit 2.0 Liter 4-Zylinder-Reihenmotor.

Gekauft habe ich den Wagen in 2005 von so ungefähr dem ersten normalen Gehalt, dass ich nach meiner Zeit als ewiger Student irgendwann mal bekommen habe. Ersteigert habe ich den Wagen blind bei eBay – einfach mal für etwa 600 Euro zugeschlagen, mit einem Satz roter Nummern nach Oschersleben und das Auto auf einem Schrottplatz abgeholt.

Dass sie Agathe heißt, war schon auf der Rückfahrt klar. Nennt mich spinnert, aber ich glaube, dass Autos einen Namen haben und dass sie ihn verraten, wenn es passt – man gibt Autos keinen Namen, sie haben ihn. Und dass Agathe cool ist, wusste ich spätestens, als ein neuer, doch runtergerockter und besprayter Mercedes Kombi an mir vorbei segelte und der Punk am Steuer mir thumbsup gab.

In den knapp über 10 Jahren, die ich den Wagen hatte, hat er leider sehr viel gestanden. Kein Platz, keine Zeit, kein Geld – irgendwas war immer. Effektiv gefahren bin ich etwa drei Jahre, dann aber immer problemlos. Substanz war immer klasse, der Unterboden zum Bespiel ist wohl mal so dick gemacht worden, dass da nie was dran gekommen ist.

Ich hab mehrere Festivals besucht, bin auch im Alltag sehr gut rum gekommen und Einkäufe jeder Größe waren mit ihr nie ein Problem. Bis zum 3-Sitzer-Sofa hat alles rein gepasst. Reaktionen habe ich fast immer positive bekommen – was mir aber auch egal war, wenn es nicht so war.

Besondere Highlights: Natürlich Wacken. Agathes Wendigkeit ist bis heute legendär – 2010 bin ich zu einer neuen, mir unbekannten Truppe gestoßen… etwas verspätet, die Zelte standen bereits. Mit Agathe habe ich mich durch alle Aufbauten geschlängelt, bin durch Pavillons gefahren und als alle zurückkamen, stand der Wagen, als wenn er bereits als erstes den Platz betreten hätte. Eine kleine Geschichte, die wir bis heute jedes Jahr aufs Neue erzählen.

Warum also dann die Trennung? Seltsame Dinge sind vor kurzem passiert. Der Wagen stand eigentlich auf seinem Stellplatz in einer privaten Tiefgarage. Dort stand er auch schon seit einem Jahr. Doch dann entschied der Vermieter, dass er (ganz spontan) nicht mehr weiß, zu wem der Wagen gehört und stellte ihn an die Straße. Der Wagen war nicht angemeldet. Zum Glück hat ein Freund das gesehen und mich informiert, der Aufkleber vom Ordnungsamt war schließlich auch schon drauf. Gibt’s nicht? Gibt’s doch! So ist es geschehen. Ich habe den Wagen rechtzeitig wieder rein gestellt, bevor er irgendwie weg geschleppt wird.

Danach bin ich jedenfalls in mich gegangen. So ein Stellplatz kostet auch Geld. Und vor Ärger ist man ja offenbar auch da nicht gefeit. Und ein Auto ist ja auch nicht mal eben so zu bewegen. Also muss man überlegen, ob man den Wagen machen (lassen) kann. Das war leider auf mittlere Sicht nicht abzusehen. Darum dann doch diese Konsequenz.

Der Wagen ist wieder über eBay weg gegangen – so wie er zu mir kam. Doch ich habe das Gefühl, dass sich der richtige Käufer gefunden hat. Agathe ist jetzt bei zwei Schraubern im Sauerland. Die bauen sich den Wagen für eine ► Rally München-Barcelona auf. Ich hab schon Bilder und Videos von der Reparatur bekommen – die Rally werde ich verfolgen. Und vielleicht sehe ich Agathe dann sogar in Wacken wieder…

Farewell, my love!

 

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